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Neuzugang Clint Chapman im Interview: „Dirk war Vorbild und Inspiration“

 

 

 

 

 

 

Seit der ersten Augustwoche des zurückliegenden Sommers gehört Ex-BBL-Akteur Clint Chapman zum ProA-Kader von Medipolis SC Jena. Während der 2.08m große Erstliga-Veteran sein enormes Offensiv-Potenzial im bisherigen Saisonverlauf bereits unter Beweis stellen konnte, werden seine Skills am heutigen Samstag gegen Paderborn gefragt sein. Zuletzt schon in Auszügen im 'Tip Off' veröffentlicht, hatte  sich Clint viel Zeit für ein ausführlichen Interview genommen.

Clint, Du bist jetzt seit August in Jena und konntest dich einleben. Wie gefällt dir das Team, die Stadt und die Umgebung?

Alles läuft sehr gut. Wir haben mit der Arena, der Trainingshalle, unserer medizinischen Abteilung, dem Fitnesscenter und den vielen helfenden Händen im Hintergrund wirklich erstligareife Bedingungen. Die Teamchemie ist großartig und erleichtert vieles im Alltag. Die Stadt hat eine sehr angenehme Größe, ist nicht zu klein, nicht zu groß und nach Berlin ist es nicht zu weit (lacht). Nien, ehrlich, ich fühle mich extrem wohl hier. Ich gehe gern asiatisch essen und auch da hat die Stadt wohl den besten Japaner außerhalb Japans zu bieten. In Summe ist Jena ein sehr guter Ort für eine Profi-Basketballer.

Nachdem Du bereits bei einigen deutschen Clubs in der BBL unter Vertrag standest. Wie steht es um Deine Kenntnisse, die deutsche Sprache betreffend?

Leider – noch – nicht so gut. Ich muss und werde mich in dieser Saison aber ernsthafter damit auseinandersetzen, um die Sprache vielleicht irgendwann mal so gut zu beherrschen wie Brandon.

Du hast letzte Saison ausgesetzt. Was macht ein Basketballer in einer Saison, in der er nirgendwo unter Vertrag steht?

Ich hatte versucht, einen passenden Verein zu finden, aber die Situation rund um Covid hat diese Suche enorm erschwert. Mir ging es da ja aber nicht allein so. Viele Spieler mussten sich privat fit halten, weil sie keinen Club gefunden haben. Die Vereine waren zurückhaltender und damit wurde auch der Markt für Spieler deutlich schwieriger. Insofern bin ich zu Hause in den Staaten geblieben und habe mich um familiäre und private Dinge gekümmert. Nach der Saison in Italien, als Corona anfing, hat man schon gemerkt, dass diese Problematik enorme Auswirkungen auf alle Sportbereiche hat. Das war am Ende keine Entscheidung des Wollens, sondern des Könnens. Ich liebe Basketball und auch hätte gern im letzten Jahr gespielt, nur waren die Optionen sehr überschaubar. Ähnlich wie in diesem Sommer. Als sich die Möglichkeit in Jena ergab, mit einem sehr ambitionierten Programm um den Aufstieg zu spielen, war meine Entscheidung gefallen. Ich hatte Deutschland ja schon kennen und schätzen gelernt, umso mehr in so einer Situation wie sie aktuell ja immer noch herrscht.

Der Anreiz, um den Aufstieg in die BBL zu spielen, war ein guter Motivator?

Zunächst ist Deutschland auch abseits des Sports, des Basketballs, ein stabiles Land, in dem es sich gut leben lässt. Natürlich schaut man als Sportler auch immer, welche Ziele der Verein verfolgt und da ist ein Kampf um die Meisterschaft bzw. um den Aufstieg zusätzlich motivierend. Ich kenne die BBL aus meiner Zeit in Berlin, Ludwigsburg und Vechta und muss sagen, dass sie in meiner bisherigen Karriere meine favorisierte Liga ist. Einige Personen waren überrascht, dass ich in der ProA unterschrieben hatte, aber wenn Du dir das Big Picture anschaust, hat es enorm viel Sinn gemacht.

Du bist über ein Teilzeitvertrag bei ALBA und Ludwigsburg zum Schluss in Vechta gelandet. Ihr hattet mir RASTA einen unglaublichen Lauf, seid in die Playoffs gekommen und habt das BBL-Halbfinale erreicht. Was hast Du aus dieser Saison mitgenommen?

Ich habe bei allen drei Stationen enorm viele wichtige Erfahrungen sammeln können. Die besten Momente natürlich mit dem damaligen Semifinal-Run bei Rasta Vechta. Natürlich war auch die Phase bei ALBA Berlin eine großartige Zeit, mit den Jungs, vielen Siegen - u.a ja auch gegen Science City - sowie einer sehr guten Stimmung im Locker Room, durchaus vergleichbar mit dem Feeling hier in Jena. Ich würde tatsächlich sagen, dass die Teamchemie in Berlin, Vechta und hier schon ziemlich  ähnlich sind. Dieselben Gründen waren am Ende auch für den Erfolg in Vechta ausschlaggebend. Ein großartiger Coach, ein echtes Team, gute Stimmung in der Kabine, jeder einzelne Spieler ist involviert. Deswegen finde ich es auch schon irgendwie besonders hier, mit einem jungen und ehrgeizigen Coach, mit älteren und jüngeren Spielern. Da gibt es schon viele Parallelen.

Du hast gegen Nürnberg knapp 19 Minuten gespielt und 20 Punkte erzielt. Wie viel werden es, wenn Du mal für, sagen wir 35 oder 40 Minuten auf dem Parkett stehst?

Lacht... zunächst ist für mich das Gewinnen mit meiner Mannschaft das wichtigste an einem Basketballspiel. Da kommt es am Ende nicht wirklich darauf an, ob ich 20, 40 oder mehr Punkte mache. Ein Boxscore ließt sich natürlich immer gut, wenn man starke Stats abgeliefert hat. Nur bringt es letztendlich wenig, wenn das Team dieses Spiel dann verliert. Am Ende des Tages geht es darum, Spiele zu gewinnen. Wenn ich mit meinem Scoring dabei helfen kann, umso besser. Davor kommt aber der Erfolg als Mannschaft für die Fans, den Club und die Stadt.

Bei wie viel Prozent befindest Du dich aktuell hinsichtlich des Leistungsvermögens?

Ich bin nicht sicher, ob man das tatsächlich so genau einschätzen kann. Offensiv sind es aktuell sicher so 80 bis 90 Prozent. Es gibt jedoch, selbst wenn man bei 100 Prozent angekommen ist, auch dann immer noch Raum für Steigerungen. Das ist ungefähr so wie die Entwicklung einer Mannschaft. Du spielst in Richtung Höhepunkt, wenn es in die Playoffs geht und durchläufst einen Prozess, der dich sowohl individuell als auch im Team fordert. Insofern schaue ich, so abgedroschen es klingen mag, von Spiel zu Spiel, von Trainingseinheit zu Trainingseinheit und versuche, mich Stück für Stück zu verbessern. Das Gute, ich bin mir bewusst, dass da noch genügend Luft nach oben ist und diese Erkenntnis ist ja ebenso wichtig (lacht).

Du warst über vier Jahre als Spieler in Japan unterwegs. Wie unterscheidet sich der asiatische vom europäischen Basketball?

Um zunächst mal mit einem Vorurteil aufzuräumen, auch in Japan gibt es große Jungs. Ich war beispielsweise über zwei Spieljahre nicht der größte Spieler unseres Teams. Allerdings ist es tatsächlich so, dass für die großen Positionen eher Imports verpflichtet werden. Die japanischen Center waren allerdings auch ziemlich massiv, die kleinen Spieler dafür unglaublich schnell. Es gibt eine Begrenzung für Ausländer in den Mannschaften und da viele Clubs im Backcourt eher auf einheimische Spieler vertrauen, sind unter den Bigs primär Imports zu finden. In Summe waren es großartige Jahre in Japan und eine sehr spezielle Erfahrung. Das fängt beim Essen an und hört bei anderen, ebenfalls alltäglichen Dingen auf. Ich liebe diese Kultur und habe mich während dieser Zeit sehr wohlgefühlt. Jena hat da im Übrigen ein ziemlich großen Vorteil. Ich möchte keine Schleichwerbung machen, aber im Stadtzentrum gibt es einen Ramen-Restaurant mit dem Namen JEN. Das ist einer der besten, traditionellen Japaner außerhalb von Japan, in dem ich bisher gewesen bin.

Thüringisch traditionell, Bratwurst mit Senf und Brötchen, hattest Du hoffentlich auch schon?

Natürlich. Bratwurst, aber auch Currywurst konnte ich schon genießen. Ich mag es, die regionale Küche zu testen und werde sicher auch weiterhin das landestypische Essen ausprobieren. Schnitzel bleibt aber mein unangefochtener Favorit (lacht).

Du hast bereits mit Jonathan Kazadi in der Schweiz zusammen gespielt. Wer von euch hat jetzt wen von einer Reunion überzeugt?

Es war meine zweite Saison in Europa und wir hatten mit Fribourg in der Finalserie, in Spiel 7, am Ende mit einem Wurf verloren. Das war ein echter (piep) Moment, aber unsere Freundschaft hat über die Jahre gehalten. Nachdem ich hier unterschrieben hatte, erhielt ich einen Anruf von Joe, in dessen Verlauf er mir sagte, dass es ein deutsches Team gäbe, welches Interesse an ihm hätte. Ich sagte, oh, ich habe auch gerade erst in Jena unterschrieben und er antwortete, ja genau der Club hätte auch an ihm Interesse. Natürlich sagte ich ihm, dass er unbedingt kommen muss.

Du warst also der ausschlaggebende Grund für Joe's Verpflichtung?

Das würde ich so jetzt nicht sagen (lacht). Schließlich spielen bei einer Vertragsunterzeichnung noch viele weitere Dinge eine maßgebliche Rolle. Aber es hat ganz sicher ein Stück weit geholfen. Wir hatten ein wirklich gutes und besonderes Jahr zusammen in Fribourg und ich weiß, dass Joe außerhalb der Schweiz unbedingt eine Meisterschaft gewinnen will. Da ich vor ihm unterschrieben hatte, konnte ich ihm ein paar Insights geben und die haben ganz sicher nicht geschadet.

Du stammst aus Oregon, hast Deinen familiären Mittelpunkt aber vor langer Zeit nach Texas verlegt. Geht das so ganz ohne NBA-Basketball?

Ja, ich bin zwar in Oregon geboren und aufgewachsen, wohne aber seit mittlerweile 15, 16 Jahren in Austin. Das Wetter ist besser, wir haben eine der größten Universitäten des Landes und mit Austin FC ein Team in der MLS (Major League Soccer). Zudem ist Austin die Hauptstadt der Live-Musik, in erster Linie Country-Musik und Rock 'n' Roll. Willie Nelson ist einer der bekanntesten und prägendsten Musiker der Stadt. Ich fühle mich sehr wohl, wenn ich zwischen den Spieljahren nach Austin zurückkehre.

Aber Du hast schon ein Auge auf die NBA, oder?

Früher ja, mittlerweile aber eher seltener. Die Zeit der Spieljahre hier und in den USA überschneidet sich ja sehr häufig. Die Familie eines guten Freundes arbeitet für die San Antonio Spurs. In den späten 2010ern sind wir zu einigen Spielen der Spurs gegangen. Du hoffst natürlich immer darauf, dass du keine Zeit für NBA-Live-Basketball hast, weil das bedeuten würde, dass deine eigene Saison relativ frühzeitig zu Ende ist.

Hast du Dirk Nowitzki mal live erlebt?

Leider nie, aber ich bin ja mit Dirks Spiel aufgewachsen während er seine erfolgreichsten Jahre bei den Mavericks in Dallas hatte. Wie kann man da kein Nowitzki-Fan sein. Er war speziell in Bezug auf sein unglaubliches Offensiv-Game eine Inspiration. Ein 7-Footer, der so schießen kann und über so ein großes Repertoire an Skills verfügt, war und ist sehr außergewöhnlich. Er ist NBA-MVP geworden, hat Dallas zur Meisterschaft geführt, während ich am College war. Für mich war Dirk ein echtes Vorbild und Inspiration.

Ihr wollt Clint Chapman und das Team von Medipolis SC Jena live erleben? 

 

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