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Teammanagerin Agnès Weltmann im Interview: „Profisportler sind keine Maschinen“

Kaum jemand kennt unsere Spieler so gut wie Teammanagerin Agnès Weltmann. Sie ist die Schnittstelle zwischen Team und Außenwelt. Sie organisiert, koordiniert und telefoniert rund um die Uhr, damit sich die Spieler voll auf das Sportliche konzentrieren können. Wir konnten in einem ruhigen Moment die Gelegenheit ergreifen und Agnès fragen: Wie wird man eigentlich Teammanagerin? Wie gehst Du mit der schwierigen sportlichen Situation um? Und was war Dein schönster Moment bisher in Jena? Freut Euch auf einen spannenden Einblick aus dem Maschinenraum unserer 1. Mannschaft.

 

Was beinhaltet Dein Job als Teammanagerin?

 

Meine Aufgabenbereiche sind ziemlich breit gefächert. Die Themen reichen von Aufenthaltserlaubnissen und Lizensierungen der Spieler über Wohnungs- und Fuhrparkverwaltung, Reiseplanung der Auswärtsfahrten, Koordination mit Busunternehmen, Hotels und Caterern bis hin zur täglichen Trainingsvorbereitung und einer Menge dreckiger Wäsche (lacht).

 

Was hast Du gemacht, bevor Du im Januar 2022 Teammanagerin bei Medipolis SC Jena geworden bist?

 

Nach der Schule habe ich Sportwissenschaften und Amerikanistik im Bachelor studiert und dann vier Jahre im Profi-Reitsport für Ludger Beerbaum gearbeitet. Innerhalb seiner Veranstaltungsfirma habe ich im Bereich Event-Management, Social Media, Marketing, Sponsoring und Athletenmanagement bis hin zur Vorbereitung auf die olympischen Spiele Erfahrungen gesammelt. Als dann Covid die meisten meiner Arbeitsbereiche lahmgelegt hat, habe ich mich dazu entschieden, einen Master in Sportmanagement nachzulegen. Den habe ich im Oktober 2021 abgeschlossen und bin dann nach Jena gekommen.

 

Wann hast Du Deinen Job als Teammanagerin gut gemacht?

 

Ich denke, dass in meinem Job das Wichtigste ist, dass alle Zahnrädchen reibungslos ineinandergreifen. Meine Arbeit ist gut gemacht, wenn sich die Spieler völlig auf sich selbst und ihren Sport konzentrieren können und sich keine Gedanken über das Vereinbaren eines Termins mit dem Heizungsmonteur oder die Verpflegung nach dem Spiel machen müssen.

 

Als einzige Frau unter Männern - wie ist das so?

 

Das ist überhaupt kein Problem! Ich verstehe mich sehr gut mit allen und es ist ein respektvolles und kollegiales Miteinander. Dabei achte ich natürlich sehr auf die Privatsphäre der Spieler und würde zum Beispiel nie einfach so in die Kabine platzen; da klopfe ich immer erst an und frage durch die Tür, ob ich reinkommen kann. Ich denke, dass diese Thematik von außen vielleicht problematischer erscheint, als sie ist – ich würde mich auf jeden Fall freuen, mehr Frauen im Staff der Ligateams zu sehen.

 

Was sind so Themen, die Du mit den Spielern besprichst?

 

Ich habe für alle und alles ein offenes Ohr. Die Gesprächsthemen sind viel von den persönlichen Interessen und der Lebenssituation der Spieler abhängig. Die jüngeren Spieler müssen mir immer mal wieder aus der Schule erzählen, da frage ich gern nach, wie es läuft (schmunzelt). Ansonsten sprechen wir über das Studium, Bücher, Filme, die besten Cafés in Jena etc. Der Mensch abseits des Sports ist mir mindestens genauso wichtig wie der Athlet.

 

Wie gehst Du mit der aktuellen sportlichen Situation um?

 

Man geht als Teammanagerin mit einem Team immer durch Höhen und Tiefen. Leider überwiegen bei uns momentan die Tiefen. Dabei ist es mir in meiner Rolle aber besonders wichtig, dass ich mich immer gleich gut um mein Team kümmere – egal wie es läuft. Es wäre völlig falsch, wenn ich den Jungs in einer schwierigen Situation die Unterstützung entziehen würde. Dadurch würden sie nicht besser spielen. Gerade jetzt sollen sie sich auf mich verlassen können.

 

Man darf auch nicht vergessen, dass Profisportler keine Maschinen sind. Manchmal mögen sie vielleicht so dargestellt werden oder sie inszenieren sich selbst so, aber am Ende hat jeder einzelne eine Geschichte, Gedanken und Gefühle. Ich denke, dass es unheimlich wichtig ist, diese menschliche Seite niemals aus den Augen zu verlieren. Eins ist sicher: Die Spieler wollen jedes Spiel gewinnen und finden es selbst am schlimmsten, wenn sie Spiele verlieren. Es wird auch wieder bergauf gehen, da bin ich mir sicher!

 

Was machst Du, um die Spieler aufzubauen? Was glaubst Du hilft unseren Spielern in der derzeitigen Situation?

 

Was in der jetzigen Situation von meiner Seite aus am meisten hilft, ist dass sich an meiner Arbeit nichts verändert. Ich behalte meine Routine bei, die Abläufe sind wie immer. Die Spieler wissen, dass alles organisiert ist und ihnen jetzt nicht womöglich noch Dinge zufallen, um die ich mich bisher immer gekümmert habe.

 

Aufbauen kann ich die Jungs aus meiner Sicht nur, indem ich für sie da bin, wenn sie es wollen. Manche möchten sich gerne unterhalten und brauchen vielleicht einfach mal ein offenes Ohr zum Zuhören, gar nicht mal unbedingt für Ratschläge. Andere ziehen sich eher zurück, auch das respektiere ich. Am meisten hilft glaube ich, wenn wir weiterhin mal einen Scherz machen oder über etwas ganz anderes als Basketball reden – so wie sonst auch. Ich habe denke ich ein ganz gutes Gefühl dafür, ob jemand Redebedarf hat oder lieber in Ruhe gelassen werden möchte.

 

Wie nutzt Du im Bus die Hin- und Rückfahrten? Wo sitzt Du?

 

Mit dem Staff sitzen wir vorne in den ersten Reihen, damit die Spieler sich im Rest des Busses möglichst gut ausbreiten und die Beine lang machen können. In den ersten zwei Reihen sitzen die Coaches und ich sitze zwischen ihnen und den Spielern.

 

Während der Fahrten versuche ich möglichst immer das nachzuholen, was in der Woche zu kurz gekommen ist. Manchmal arbeite ich E-Mails ab oder schreibe die Pläne für die nächste Woche, manchmal komme ich während der Fahrt endlich dazu, ein Buch fertig zu lesen und manchmal hole ich Schlaf nach. Wieder andere Fahrten verbringe ich viel im Austausch mit den Spielern - besonders mit Moritz unterhalte ich mich häufiger über sein Studium. Je nachdem, wie lang die Fahrt ist und wie voll die vorherigen Wochen waren, ist es mal mehr und mal weniger produktiv.

 

Welche Aufgaben hast du zwischen Tip-Off und Schlusssirene?

 

Von den Spielen selbst bekomme ich tatsächlich weniger mit, als man denken könnte. Ich bin unheimlich konzentriert auf die Spieler und versuche alles, was sie brauchen könnten, schon zu erahnen, bevor sie danach fragen müssen. Manche ziehen sich auf der Bank direkt ihr Shooting Shirt über - andere möchten es erst nach ein paar Minuten. Manche nehmen im Verlauf des Spiels immer ein Power Gel oder möchten von ihrem Elektrolyt-Getränk auf Wasser wechseln. Nach einer Weile lernt man, wer welche Vorlieben hat. Neben dem Verteilen von Handtüchern und Wasser in den Auszeiten und Pausen ist es meine Aufgabe, diese Nuancen im Blick zu haben, damit die Spieler ihre Konzentration auf das Spiel möglichst nicht unterbrechen müssen, um nach einem Koffein-Shot oder ihrem Shirt zu fragen.

 

Wie angespannt bist Du während des Spiels? Wie sehr fieberst Du mit?

 

Ich bin immer positiv angespannt, damit ich wirklich fokussiert bleibe – obwohl man mir schon häufiger mal gesagt hat, dass ich oft ganz schön ernst schaue (lacht). Etwas nervöse Anspannung verspüre ich höchstens in den Schlussminuten eines knappen Spiels. Generell fiebere ich natürlich sehr mit, versuche dabei aber trotzdem nach außen recht ruhig zu bleiben. Denn einerseits kann ich sowieso nicht ins Geschehen eingreifen und muss mich auf meine Aufgaben konzentrieren, und andererseits könnte es der Mannschaft sogar schaden, wenn der Staff wild hinter der Bank herumspringen würde. Da könnte seitens der Schiedsrichter im schlimmsten Fall ein technisches Foul gegen die Bank ausgesprochen werden. Für uns heißt es also: kühlen Kopf bewahren und auf die Jungs konzentrieren.

 

Was ist das größte Missgeschick, das Dir passiert ist?

 

Sowas richtig Wildes ist mir zum Glück noch nicht passiert (lacht)…Beim Spiel in Gießen hatte ich vergessen, dass wir für unsere Doppellizenzler nur ein Shooting Shirt haben anfertigen lassen und ich hatte Raphaels beim Heimtrikotsatz einsortiert, der in Jena geblieben war. Da habe ich mir eine Rolle Tape geschnappt, aus der 12 eine 2 gemacht und den Namen auf dem Rücken überklebt. Ich will hoffen, dass das das größte Ausmaß an Missgeschicken ist, die womöglich noch passieren werden!

 

Gab es einen Lieblingsmoment, seitdem Du in Jena bist?

 

In der letzten Saison erinnere ich mich an die Rückfahrt vom Auswärtssieg in Hagen. An dem Tag hatte Clint Chapman Geburtstag und wir Betreuer hatten für Clint einen „Strauß“ aus Mini-Donuts bestellt. Er hat sich so sehr gefreut, als wir für ihn gesungen und was Süßes mitgebracht haben, dass er alles gefilmt und an seine Mutter geschickt hat. Er meinte, dass sie sich so freuen würde, dass er seinen Geburtstag nicht ganz alleine verbringt und sie sich schon Sorgen gemacht hätte. Solche kleinen Momente erinnern mich dann immer daran, was für ein spezielles Leben die Jungs führen. Sie sind oft schon in jungen Jahren so weit weg von zu Hause – da finde ich es total toll, wenn wir ihnen solche Freuden bereiten können! Oder auch vor Kurzem an Weihnachten, da haben die Jungs gewichtelt. Da waren richtig kreative und auf den Beschenkten zugschnitte Geschenke dabei! Es freut mich immer sehr, wenn ich sehe, dass das Team fast schon zu einer Familie abseits der Familie wird.

 

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