Skip to main content

Neu bei Medipolis SC Jena – Teil 3: Erik Thierolf im Team Kommunikation und Sponsoring

 

 

 

 

 

 

Er ist das neueste Gesicht im Backoffice der Jenaer Basketballer und sorgt aufgrund seiner Vita sowie einer erfrischend persönlichen Note immer wieder für neue Blickwinkel in den Bereichen Kommunikation und Sponsoring. Erik Thierolf hatte bislang nicht sonderlich viele Berührungspunkte mit dem Basketball, aber genau diese Unbefangenheit birgt viel Potenzial. Wir baten den gelernten Bankkaufmann nach seinen ersten Wochen in der Geschäftsstelle zum Vorstellungsgespräch.

Erik, wie bist Du zu Jenas Basketballern gekommen?

Das war ein großer Zufall. Ich hatte in der Elternzeit zu viel Zeit, habe mir zwischen Windeln-Wechseln und Milchpulver-Anrühren existenzielle Fragen gestellt, mich auf der Seite der Baskets Jena wiedergefunden und bin dann auf die offene Stelle im Bereich Marketing & Kommunikation aufmerksam geworden. In den Gesprächen mit Benny habe ich meine Gedanken zum Sponsoring vermutlich zu umfassend dargelegt, sodass ich nun mit Doppellizenz aktiv bin. Einerseits im Bereich der Kommunikation, da in enger Abstimmung mit Benny, Tom und Artur, anderseits im Sponsoring-Team von elf5 mit dem Fokus auf den Basketball.

Welchen Bezug hast Du zum Basketball?

Bisher nur einen sehr kleinen. Ich bin die ersten 16 Lebensjahre in einem 100-Einwohner-Dorf zwischen Naumburg und Eisenberg aufgewachsen, das genauso wie der Schulsport, mein Freundeskreis und die Medien voll auf den Fußball ausgerichtet ist. Mit 20 Jahren habe ich mir erstmals live ein Basketball-Spiel angeschaut, das war in Weißenfels. Ich habe damals weder die Regeln noch die englischen Fachbegriffe verstanden und fand die Musik mindestens zehn Dezibel zu laut. Durch den ehemaligen Jenaer Co-Trainer Stephan Frost, mit dem ich in Bürgel Schach gespielt habe, wurde damals der erste Kontakt zum Basketball in Jena hergestellt. In den letzten Jahren habe ich mir jährlich ein, zwei Spiele in der Arena angeschaut und ansonsten nur ehrfurchtsvoll nach oben geblickt, wenn ich im Tegut einigen Spielern begegnet bin.

Was hast Du vor Deinem Quereinstieg zum Basketball gemacht?

Direkt nach dem Abitur habe ich eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Volks- und Raiffeisenbank in Naumburg absolviert. Dann ging es 2012 an die Uni nach Jena mit den Studienfächern Wirtschaftspädagogik, Politikwissenschaft und Philosophie. Die letzten vier Jahre war ich in einem Start-up am Beutenberg mit dem Vertrieb von sichtbaren Hygieneprodukten betraut, zum Beispiel einer gelben Seife, damit Kinder das Händewaschen lernen können. Das hat große Freude gemacht, auch wenn mich der Kontext Profisport jetzt noch mehr packt. Vergleichbar zum Start-up sind die kurzen Entscheidungswege, die flachen Hierarchien, die dynamischen Aufgaben und der Raum für Kreativität.

Wie wohl fühlst Du Dich als Basketball-Laie umgeben von Basketball-Experten?

Ich gehe mit meiner Fachfremdheit offensiv um. Würde meine Aufgabe darin bestehen, unsere erste Mannschaft auf den nächsten Gegner einzustellen, der fehlende Sachverstand würde gewiss stärker ins Gewicht fallen. So habe ich die Möglichkeit, mit unverstelltem Blick ganz viele Fragen zu stellen und zu überlegen, was man mal anders probieren könnte. Wir möchten in der Zukunft viele Menschen jenseits der bestehenden Basketball-Blase für diesen Sport und unseren Verein begeistern. Da könnte es von Vorteil sein, diese Zielgruppe gut zu verstehen, da ich selbst ein Teil der Zielgruppe war bzw. immer noch bin.

Was muss passieren, damit sich mehr Menschen für den Basketball begeistern?

Diese Frage haben sich bestimmt schon viele gestellt. Ich versuche mich an einer kurzen Antwort: Eine maximale Präsenz in der Öffentlichkeit wäre gut, führt allein - so meine Einschätzung – aber nicht dazu, dass sich Leute erstmals ein Heimspiel anschauen oder ihr Kind zum Basketball-Training anmelden werden. Beispiel: Obwohl ich am Magdelstieg schon unzählige Male die Bewerbung der Rugby-Heimspiele gesehen habe, bin ich trotzdem noch nie bei einem Rugby-Heimspiel gewesen. Vermutlich müsste erst die Neuseeländische Rugby-Nationalmannschaft ihren furchteinflößenden Haka in meinem Wohnzimmer zelebrieren, damit ich zu einem Heimspiel gehe, einfach weil mir der persönliche Bezug zum Rugby fehlt. Beim Basketball ergeht es anderen Menschen sicher ähnlich. Wir sollten im Alltag die persönliche, emotionale Beziehung zum Spiel, den Spielern und Verantwortlichen herstellen - dann werden die Plätze der Sparkassen-Arena voll besetzt sein. Das in vielen Kindergärten und Grundschulen angebotene Training ist super und wird auf lange Sicht auch einen Effekt auf die Zuschauerzahl haben. Kurzfristig könnten wir mit Aktionen in der Innenstadt und vielleicht auch in und mit Unternehmen Berührungspunkte schaffen. Wer dann einmal in der Arena war, wird sehr wahrscheinlich wiederkommen.

Wie waren Deine ersten drei Arbeitswochen?

Spannend. Es ist eine völlig andere Welt, in die man reingeworfen wird bzw. sich selbst reinwirft. Mein Anspruch ist es, zunächst alle Prozesse grundlegend zu verstehen und sämtliche im Verein anfallenden Aufgaben mindestens einmal selbst umgesetzt zu haben. So gehört die Einrichtung des Fanshops zwar nicht zu meinen originären zukünftigen Aufgaben, dadurch bekommt man aber viel Einblick in die Themen Sachsponsoring, Bedürfnisse der Fans, Preiskalkulation und öffentliche Sichtbarkeit des Vereins. Große Freude hatte ich an den Interviews mit Björn Rohwer und unserem Social-Media-Verantwortlichen Artur, die ich führen und in Form bringen durfte. Im Bereich des Sponsorings konnte ich Benny gleich die ersten Tage bei mehreren Terminen begleiten. Dabei sind mir viele Ideen gekommen, wovon bestimmt einige Sinnvolle dabei sind.

Wir haben nur begrenzt Zeit bzw. Platz – stelle daher bitte zwei kleinere Ideen vor.

Die emotionale Beziehung zwischen Sponsor und Spielern könnte noch intensiver sein. Ich fände es gut, wenn es für jeden Spieler eins, zwei Sponsoren gäbe, die speziell ihn fördern. Das sollten wir auch auf der Website kenntlich machen. Mit dem personenbezogenen Sponsoring wäre es auch wahrscheinlich, dass sein Spielertrikot im Eingangsbereich des Unternehmens hängt und der Spieler bei der firmeneigenen Weihnachtsfeier vorbeischaut.

Ein größeres Thema ist die Frage der Werbefläche. Bremerhaven hatte fünf Logos auf der Hose. Für verschiedene Video-Formate könnten sich Partner finden lassen, ob nun als Namensgeber oder als räumlicher Gastgeber des Formats. Viele Vereine haben einen Newsletter, der auch ein, zwei Anzeigen enthalten könnte. Es gibt unendlich viele Werbeflächen, man muss sie nur finden und mit einen Mehrwert für Fans und Unternehmen füllen.

Gibt es ein Ereignis, das Dir die letzten drei Wochen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ich durfte gleich in der ersten Woche bei einer Veranstaltung des Netzwerk-Thüringen dabei sein. Dort hat Benjamin Steen, der Digital-Verantwortliche von Bayern München, einen Einblick in seine Arbeit und deren digitale Lösungsansätze gegeben. Einen großen Gedanken habe ich mitgenommen: um als Verein erfolgreich zu sein, muss man seine Fans in den Mittelpunkt rücken. Das heißt nicht, dass man den Eintritt kostenlos gestaltet und die Zuschauer auf der Trainerbank Platz nehmen dürfen. Stattdessen kann man bei jeder Entscheidung überlegen, was für die Fans von Interesse wäre. Welche Speisen und Getränke werden bei Heimspielen angeboten? Welche Fanartikel gibt es? Wie unterstützt der Verein Auswärtsfahrer? Was passiert vor, während und nach dem Spiel auf bzw. abseits des Spielfelds? Wie sollte die Website aufgebaut sein? Wie können strukturiert Vorschläge und Kritik geäußert werden? Das sind Fragen, die sich im Dialog mit den Fans am besten beantworten lassen. An der Stelle möchte ich ansetzen.

Welche Chancen bzw. Herausforderungen bietet der Basketball im Bereich von Kommunikation und Sponsoring, die andere Sportarten nicht haben?

Der Basketball findet in Deutschland leider nur wenig mediale Beachtung. Das könnte auch daran liegen, dass die Regeln und Sprache komplexer wirken als in vielen anderen Sportarten. Auch ist die Fluktuation der Spieler sehr hoch, was eine Identifikation mit Spielern und Verein erschwert. Wenn ich die Zeitung aufschlage, dann lese ich häufig mehr über den Fußball in der Bezirksliga als über den Basketball in der ProA. Das ist jedoch kein spezifisches Schicksal des Basketballs, sondern eher eine Gemeinsamkeit, die man mit vielen Randsportarten teilt. Idealerweise bekommen wir den Basketball dauerhaft in den Blickpunkt der medialen Aufmerksamkeit, ohne allzu boulevardesk werden zu müssen – das Potential ist zumindest vorhanden. Dadurch, dass die Spiele in der Halle stattfinden, lassen sich verschiedene Showelemente leicht integrieren und die Stimmung anheizen. Man könnte sich dazu entscheiden, diesen Eventcharakter noch weiter zu fördern.

Der Basketball gilt zurecht als sauberer und familienfreundlicher Sport. Es gibt die Strahlkraft der NBA. Wir haben eine hohe Internationalität bei den Spielern. Der Spielverlauf ist dynamisch und spannungsgeladen. Diese Kombination bietet keine andere Sportart und gilt es gegenüber zukünftigen Fans und Sponsoren noch klarer herauszustellen.

Was reizt Dich besonders am Thema Sponsoring?

Meine ersten größeren Berührungspunkte dazu hatte ich im Vorfeld der Deutschen Debattiermeisterschaft 2018, die wir in Jena organisiert haben. Dazu galt es viele Gespräche mit Unternehmen zu führen und ein passendes Paket zu schnüren. Die größten Herausforderungen waren, dass a) zuvor kein Unternehmen etwas vom Debattieren gehört hatte, wir b) nur schwierig eine Gegenleistung anbieten konnten und es c) erst nach einigen Monaten der Akquise gute Unterlagen gab, die wirklich vorzeigbar und überzeugend waren. Es hat dennoch große Freude gemacht und wir hatten eine finanziell sehr gut aufgestellte Meisterschaft.

In den letzten vier Jahren hatte ich viel Kontakt mit Veranstaltern für Messen und Kongresse. Es war spannend zu erleben, wie sie vorgegangen sind, welche Werbe-Bausteine für Unternehmen möglich waren und wie gewillt jemand war, individuelle Lösungen zu finden.

Gibt es etwas, das Du Dir bei Deiner neuen Aufgabe anders vorgestellt hast?

Es ist unvorstellbar, was alles an der Spieltags-Organisation hängt. Vom Catering, dem Sicherheitsdienst, der Kinderbetreuung, dem komplexen Zusammenspiel von Banden, Musik, Beleuchtung und Stream bis hin zum Vorhandensein der Holzlöffel an der Eis-Truhe im VIP-Raum. Sobald ein Puzzleteil klemmt, gilt es schnell Lösungen zu finden. Gewöhnen muss ich mich noch daran, dass der Heimspielkalender und die abendlichen Veranstaltungen großen Einfluss auf das Private haben werden, insbesondere wenn man ein Kleinkind hat. In einzelnen Situationen ist für meinen Geschmack etwas zu viel Testosteron im Raum. Das könnte am hohen Arbeitsaufkommen anlässlich eines Heimspiels oder auch an meiner fehlenden Sozialisation im Sport liegen.

Was machst Du in Deiner Freizeit?

Seit 2012 habe ich sehr viel Zeit im Hochschuldebattieren verbracht. Dabei gilt es zu einer kontroversen Fragestellung jeweils 7-minütige Reden zu halten. Der Nervenkitzel entsteht durch die nur 15-minütige Vorbereitungszeit und den Umstand, dass die eigene Position zugelost wird, man also häufig gegen die eigene Überzeugung argumentiert. Ansonsten gehe ich mit offenen Augen durch die Welt und bin bei allen öffentlichen Veranstaltungen dabei, die interessant klingen und Schnittchen versprechen. Seit anderthalb Jahren treibe ich mich mit meinem Sohn auf Spielplätzen herum und achte neuerdings darauf, ob dort auch ein Basketballkorb anzutreffen ist.

Hilft Dir das Debattieren auch bei Deiner neuen Tätigkeit?

Gewiss - und in manchen Situationen wird es vermutlich eher hinderlich sein. Das gesprochene Wort liegt mir, zum Beispiel bei Präsentationen, Verhandlungen und Interviews. Die Schattenseite des Debattierens: Ich bin offen, ja fast schon gierig nach Widerspruch. Ich freue mich, wenn verschiedene Sichtweisen zusammenkommen und die Argumente sachlich ausgetauscht werden, um anschließend die beste Lösung finden. Dabei ist es in meiner Überzeugung egal, wer etwas sagt, solange der Inhalt überzeugend ist. Auch der Praktikant aus der 9. Klasse, der nur eine Woche da ist, kann gute Ideen haben. Genauso verhält es sich mit konstruktiver Kritik. Wem etwas auffällt, was man besser machen kann, der muss es ansprechen können und Gehör finden, ungeachtet jeglicher Hierarchien.

Was zählst Du zu Deinen Stärken?

Ich kann durch die vielen Jahre im Hochschuldebattieren zielgerichtet kommunizieren. Dadurch entstehen einerseits wenig Missverständnisse, andererseits lassen sich Missverständnisse super schnell auflösen. Auch wenn der Begriff inzwischen negativ behaftet ist, würde ich mich dennoch als Kreuz-und-Quer-Denker sehen, der vieles hinterfragt, offen für gute Argumente ist und die bestmögliche Lösung sucht. Und es macht mir Freude, scheinbar absurde Geschäftsideen zu entwickeln, nieder zu schreiben und dann – leider – in der Schublade verschwinden zu lassen.

Woran gilt es für Dich noch zu arbeiten?

An vielem. Meine Englisch-Kenntnisse sind allenfalls mittel. Im Zusammenspiel von Fans, Liga, Vereinen, Arena, Catering, Spieltagsorganisation und vielem mehr fehlt mir noch das Gespür dafür, welche Akteure welche Interessen haben. Außerdem fällt es mir im Überschwang der Ideen mitunter schwer, den richtigen Fokus zu finden. Das sollten allesamt lösbare Herausforderungen sein.

Wer ist Dein Lieblings-Basketball-Spieler?

Ehrlich gesagt kenne ich nur eine Handvoll. Mich faszinieren Spieler, die in irgendeiner Weise überraschend sind. Nikola Jokić könnte auf den ersten Blick auch mein unsportlicher Nachbar sein, nur zwei Köpfe größer. Wenn man ihn dann spielen sieht, dann ist er sehr effektiv und kaum zu verteidigen. Wenn ich in der Zusammenfassung sehe, wie John Bryant in Weißenfels über das Feld ackert, dann hat das etwas Besonderes.

Letzte Frage: was würdest Du, wenn Du könntest, sofort ändern?

Ich würde es begrüßen, wenn einmal im Monat das Profi-Team und die Geschäftsstelle etwas Gemeinsames unternehmen. Ob nun Mittagessen, ins Kino gehen oder die Saale flussaufwärts paddeln.

 

Zurück