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Kendall Chones im Interview: Das Jahr mit Jena hat in meiner persönliche History einen enorm hohen Stellenwert

Knapp neun Jahre ist es her, dass Kendall Chones erstmals in Jena unterschrieb, für die Basketballer aus Thüringer als „Fels in der Brandung“ unter den Körben für viel Schatten sorgte. Das Comeback ist längst beschlossene Sache, allerdings nicht als aktiver Spieler, sondern als Co-Trainer an der Seite von Headcoach Björn Harmsen.

 

Während der mittlerweile 39-jährige US-Amerikaner bis zuletzt in seiner Geburtsstadt Cleveland an der Seitenlinie stand, zuvor die Nachwuchsabteilung aufbaute und im Coaching Staff des G-League-Teams der Cavaliers arbeitete, steht ein Wiedersehen mit der überaus sympathischen Kante unmittelbar bevor. Grund genug, bereits im Vorfeld mit Kendall zu sprechen.

 

Kendall, du bist aktuell noch in den Staaten und kommst wann zurück nach Jena?

 

Ja, aktuell sind wir noch in Cleveland. Unser Flug nach Deutschland ist für Ende Juli geplant. Ich bringe meine Familie mit und wir sind schon ziemlich aufgeregt endlich wieder nach Deutschland zu kommen. Auch wenn wir die Zeit hier in Cleveland genossen haben, ist die Vorfreude auf Jena wirklich groß.

 

Seit Ende des vergangenen Jahres seid Ihr glückliche Eltern?

 

Genau, seit dem 29. Dezember 2022 sind wir zu dritt und unser Sohn Augustus hält uns ordentlich auf Trab. Er ist sehr aktiv, aber er ist gesund und das ist wichtigste.

 

Du bist 2016 zurück in die Staaten gegangen. Wie verlief dein Leben seitdem?

 

Wir waren nach der Saison 2014/2015 mit Jena noch für ein Jahr in Düsseldorf. Ich habe dort Regionalliga gespielt, bevor wir 2016 wieder in die USA gegangen sind. Die Cavs haben mich Ende des Sommers unter Vertrag genommen, zunächst für vier Jahre als Direktor für Jugendarbeit, später im Coaching Staff des G-League-Kaders. In dieser Zeit habe ich viele Erfahrungen, die ich aus Jena mitgenommen habe, in Cleveland umsetzen können. Wir haben ein Ausbildungsprogramm etabliert, Camps veranstaltet und uns in diesem sonst eher vernachlässigten Bereich sehr gut entwickelt. Wir mussten quasi bei Null anfangen, aber mit dem Wissen um die Strukturen wie bsw. der NBBL und der JBBL hatte ich eine Ansatz, um ein ähnliches Programm in meiner Heimatstadt zu planen und aufzubauen.

 

Mit welchen Erwartungen kommst Du zurück nach Thüringen?

 

Als ich Jena verließ, bin ich mit dem Gefühl gegangen, mich von einem auf hohem Niveau arbeitenden Club verabschiedet zu haben. Die Möglichkeiten für Spieler und Coaches hinsichtlich der Einrichtungen, des Staff und der medizinischen Abteilung waren damals schon sehr gut und professionell. Die Arena und die Fans habe ich nie vergessen. Ich war zuvor schon einige Jahre an anderen Standorten als Spieler aktiv und hatte somit einen doch ganz guten Vergleich. Jena war da auf einem ganz anderen Level, auch von der Kultur des Clubs und im basketballerischen Bereich.

 

Das gute Verhältnis zu Björn hat die Jahre überdauert?

 

Wir sind trotz der langen Zeit immer in Kontakt geblieben, Ich habe viel Respekt vor ihm und seiner Arbeit. Ursprünglich hatte ich nie das Ziel, irgendwann einmal selbst Coach zu werden, musste meine Meinung im Lauf der Jahre aber revidieren. Sicher hat auch diese eine Saison unter ihm als Spieler einen großen Einfluss darauf gehabt. Björn ist ein Trainer mit Old-School-Mentalität, immer fordernd seinen Spieler gegenüber, vermittelt aber eben auch viel Wissen, den Basketball betreffend. Ich muss sagen, dass er mich in dieser einen Saison schon sehr stark inspiriert bevor ich nach Düsseldorf gegangen bin.... und darüber hinaus. Insofern musste ich nicht lange überlegen, als sich die Gelegenheit ergeben hat, mit ihm zusammenzuarbeiten. Auch wenn es für Außenstehende sicher enorm pathetisch klingen mag, wird in dieser Kombination ein Traum für mich wahr.

 

Du hast von Björn aber keinen Arbeitsauftrag bekommen, potenzielle Kandidaten während der Summerleague zu scouten oder bewusst zu rekrutieren?

 

Nein (lacht), aber es gibt durchaus ein paar Kandidaten, die für Jena in Frage kommen könnten. Natürlich hatte ich während der letzten Spieljahre die Chance, mir eine relativ gute Übersicht zu verschaffen. Das betrifft nicht nur Spieler und deren sportliche Qualität(en), sondern auch ihr Impact abseits des Parketts. Dass einer der Jungs in Thüringen landen könnte ist keineswegs unwahrscheinlich. Nicht zuletzt weil es Spieler gibt, die über viel Potenzial verfügen und sich in Europa einfach besser entwickeln könn(t)en als in den Staaten.

 

An was erinnerst Du dich aus der Jenaer Zeit noch ganz speziell?

 

Ach, da gibt es eine ziemlich lange Liste, die ich hier aufführen könnte. Von großartigen Jungs wie Wayne Bernard, Sascha Leutloff, Julius Wolf oder Georg Voigtmann angefangen, über die Playoffs und eine wirklich lautstarke und emotionale Stimmung der Fans in der Arena. Die Leidenschaft auf den Tribünen war für mich schon etwas sehr besonderes. Es gab eine Szene im Viertelfinal-Heimspiel gegen Gotha, bei der ich auch heute noch Gänsehaut bekomme, auf die ich jetzt aber nicht konkreter eingehen möchte. Letztendlich hat uns die Energie der Fans geholfen, dieses Spiel zu gewinnen, auch wenn die Serie letztlich ans falsche Team ging. Dieses Spieljahr hat in meiner persönlichen History einen enorm hohen Stellenwert.

 

Auch aufgrund der schweißtreibenden Saisonvorbereitung in den Kernbergen?

 

Puhhh, da sagst Du etwas. Die Vorbereitung war rückblickend schon ein echter Hammer. Ich wusste nicht, dass wir auch auf Berge laufen werden und wurde in der Pre-Season eiskalt überrascht. Björn ist dabei ja sogar selbst mitgelaufen, war in ausgezeichneter Verfassung. Ermen Reyes-Napoles ist als unverwüstliche Maschine damals immer vornweg gerannt, ich habe hingegen sehr häufig den Part als Schlusslicht der Gruppe übernommen (lacht). Das gehört auf jeden Fall zu den denkwürdigen Anekdoten, Geschichten über die ich heute schmunzeln kann.... damals aber eher weniger Lacher übrig hatte.

 

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