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Meet the Staff: Athletiktrainer Alexander Smolenski im Interview

Bereits im Tip-Off des letzten Heimspiels gegen Dresden durch den 1. Teil angeteasert, folgt nun das ausführliche Interview mit unserem Athletiktrainer Alexander Smolenski. Seit Sommer 2019 gehört „Schmolle“ zum Inventar des Vereins, ist dabei u.a. für den Athletik-Bereich sowie die physische Stabilität der Jenaer Basketballer verantwortlich. 

 

Wie bist Du Athletiktrainer geworden?

 

Ich komme ursprünglich aus dem Bereich der Physiotherapie, bin dann von Jena nach London gegangen und habe dort meine Ausbildung im Fitnessbereich absolviert. Anschließend führte mich der Weg nach München. Dort habe ich u. a. in der Preseason viel mit Fußballern und Eishockeyspielern gearbeitet. Dadurch bin ich zum Bereich Athletik gekommen. Aufgrund meiner Familie gab es den Wunsch, nach Jena zurückzukommen. Vor ungefähr vier Jahren war dann in Jena die Stelle als Physiotherapeut und Athletiktrainer vakant und ich habe mich beworben. Ich habe in der Zwischenzeit noch zwei Ausbildungen im Bereich Athletik gemacht, vieles ist aber auch Learning by Doing.

 

Gibt es eine reguläre Ausbildung zum Athletiktrainer?

 

Der Bereich Athletiktraining ist im Gegensatz zur Physiotherapie gar nicht so richtig geschützt in Deutschland. Es gibt daher keine klassische Ausbildung. Die meisten Trainer im Athletik-Bereich verfügen über eine sportwissenschaftliche Ausbildung, aber die ist nicht zwingend erforderlich.

 

Wie kann man sich die Aufgaben im eines Athletiktrainers vorstellen?

 

Das kommt ganz darauf an: Arbeitest Du individuell mit Einzelsportlern? Arbeitest Du fest mit einer Mannschaft? Bist Du nur temporär bei einer Mannschaft, zum Beispiel aller drei Monate bei der Nationalmannschaft? Entsprechend gestaltet sich das Aufgabenfeld.

 

Welchen Bezug hast Du zum Basketball?

 

Ich bin nicht klassisch aus dem Basketball, habe früher selbst nie richtig Basketball gespielt. Durch meine Tätigkeit habe ich inzwischen meine Liebe für das Spiel entdeckt und es macht mir wirklich Spaß. Wichtig ist mir, dass ich mit einer Mannschaft zusammenarbeite. Ich mag den Teamgedanken, die Dynamik, die verschiedenen Charaktere, die in einem Team zusammenkommen. Tennis und Leichtathletik wären nicht so meins.

 

Wie sieht so ein normaler Arbeitstag von Dir aus, zum Beispiel ein ganz normaler Dienstag?

 

Ein normaler Arbeitstag geht zwischen 08:30 Uhr und 09:00 Uhr los, dann habe ich meistens Spezial-Sport mit den Nachwuchsspielern, das geht ungefähr eine Stunde. Danach gehe ich rüber zu den Profis und unterstütze den Physio bei der Behandlung. Es folgt das Warmup mit den Spielern und das Athletik-Training. Danach beginnt die Reha mit den verletzten Spielern in den jeweiligen Bereichen, entweder Kraft oder Athletik.

 

Nach dem Training schaue ich, ob ich dem Physio helfen kann, wenn ein hoher Therapiebedarf bestehen sollte. Anschließend fahre ich nach Hause, mache Mittag, gehe mit meinem Hund eine Runde in den Wald und sehe meinen kleinen Sohn, bis ich mich auf das zweite Training der Profis vorbereite.

 

Du bist sehr nah an der Mannschaft. Erfährst Du da auch sehr private Dinge?

 

Ja, auf jeden Fall. Es gibt Spieler, die sehr gesprächig sind, wenn sie auf der Bank liegen und man sie behandelt. Das ist eine sehr persönliche Ebene mit persönlichen Gesprächen. Es wird nicht nur über Basketball gesprochen, sondern über familiäre Sachen und Dinge, die die Spieler bewegen. Auch in einer Athletik-Session kommt es häufig zu persönlichen Gesprächen.

 

Das klingt ein bisschen so wie beim Frisör.

 

Ja, diese körperliche Ebene und die Zeit, die man gemeinsam verbringt, das hat definitiv eine gewisse Verbundenheit.

 

Wie gehst Du damit um, wenn Du eine schwere Verletzung miterlebst?

 

Das kam zum Glück noch nicht so oft vor. Vor ungefähr zwei Jahren hatte sich ein Spieler im Training den Unterschenkel gebrochen. Das war für alle Beteiligten eine sehr schmerzhafte Erfahrung, auch für mich, weil ich den Knochen getastet hatte und gepürt habe, dass er durchgebrochen ist. Das war schon ein Schockmoment für alle anwesenden Spieler und Trainer. Wir haben auch prompt das Heimspiel am nächsten Tag verloren.

 

Das wächst dann wieder zusammen?

 

Ja, das dauerte drei Monate. Es war im Winter passiert. Er hat dann am Ende sogar noch für uns in den Play-Offs gespielt. Bei Verletzungen gibt eine grobe Einschätzung, wie lange jemand ausfällt. Es ist aber immer sehr individuell. Es gibt Spieler, die haben eine schnellere Erholung und es gibt Spieler, die brauchen länger. Es braucht auch eine gewisse Zeit nach der eigentlichen Reha, bis der Spieler wieder im Vollbesitz seiner Leistung ist, da ja im Bereich des „Back to Sports“ nur bedingt eine sportartspezifische Belastung möglich ist.

 

Wie würdest Du die Aufgabe eines Athletiktrainers beim Basketball beschreiben?

 

Die Aufgabe eines Athletiktrainers beim Basketball ist, dass die Jungs einsatzbereit sind und ihren Leistungs-Peak erreichen. Die Spieler kommen häufig mit unterschiedlichen Leistungsständen in die Vorbereitung. Dann ist es die Aufgabe, sie während der Preseason auf den gleichen Leistungsstand zu bringen. Während der Saison ist das Ziel schon eine Leistungssteigerung, aber ein großer Teil ist auch, dass alle fit und gesund bleiben. Das ist eigentlich das Entscheidende für den Trainer, dass er so viel wie möglich Auswahlmöglichkeiten zwischen den Spielern hat.

 

Wann hast Du das erste Mal Kontakt mit einem neuen Spieler?

 

Teilweise kommt der Trainer schon vor einem Transfer auf mich zu und sagt, er möchte einen Spieler gern verpflichten, der aber eine gewisse Verletzungshistorie hat. Dann kann ich ungefähr abschätzen: mit dieser Verletzung, in so kurzer Zeit nach der Operation, da ist der Spieler für uns nicht so schnell relevant. Dann muss der Spieler nicht erst nach Jena kommen.

 

Mit allen anderen Spielern mache ich vor einer Verpflichtung einen Funktionstest. Wie fit ist der Spieler? Hat er irgendwelche schwerwiegenden Defizite, die ausschließen würden, dass er für uns spielt? Wir machen gemeinsam mit Teamarzt Doc Stanek eine grobe Einschätzung: wie schnell ist er fit? Was hat er für Baustellen? Und dann wird abgewogen, was man investieren muss, um den Spieler zu seinem Peak zu bekommen und ob es zur Unterschrift kommt.

 

Welche Aufgabe hast Du bei Heim- und Auswärtsspielen?

 

Vor jedem Heimspiel übernehme ich den athletischen Part sowie das teilweise individuelle Aufwärmen der Spieler. Die genauen Übungen werden vor der Saison besprochen und sind bei jedem Spiel gleich. Bei Auswärtsspielen ist es so, dass ich bei Tagestrips regelmäßig dabei bin, bei längeren Touren aber aufgrund meiner zwei Kids nur selten mitfahre, sondern nur vormittags den Shootaround in unserer Halle leite. Dann übernimmt der Co-Trainer diesen athletischen Part vor Tip-Off beim Auswärtsspiel.

 

Wir hatten die letzten Wochen eine Verletzten-Misere – wie sehr trifft Dich das? Hinterfragst Du Deine Arbeit?

 

Wenn es zu viele Muskelverletzungen gäbe, dann würde ich meine Arbeit auf jeden Fall hinterfragen. Muskelverletzungen kann man sehr gut managen. Bei solchen Verletzungen, die wir gerade haben, handelt es sich um Verletzungen, die man nicht verhindern kann. Wenn sich jemand den Arm bricht, weil er drauf stürzt, wenn sich jemand im Training die Schulter verletzt bei einem schweren Kontakt mit jemanden, oder wenn sich jemand den Fuß verletzt bei einer Sprungaktion.

 

So extrem wie jetzt hier, dass wir drei Spieler in einer Woche verloren haben, das ist in den vier Jahren noch nicht vorgekommen. Man kann die Spieler dafür präparieren, man kann alle möglichen präventiven Maßnahmen durchführen, aber es ist am Ende ein Kontaktsport und im Kontaktsport gibt es Verletzungen, die man nicht verhindern kann.

 

Wie kannst Du feststellen, ob Du als Athletiktrainer eine gute oder schlechte Leistung erbringst?

 

Ich bewerte mich nicht anhand der Spielergebnisse, das ist entkoppelt. Ich bewerte mich danach, wie die Spieler und Trainer mir vertrauen. Das ist mir wichtiger als zu sagen: weil wir mit zwei Punkten verloren haben, das war jetzt meine Schuld. Klar freue ich mich, wenn wir gewinnen, aber das Ergebnis am Wochenende spiegelt nur bedingt meine Arbeit wieder.

 

Du hast auch einen geschulten Blick, wenn jemand wie Alex im Spiel gegen Trier unglücklich stürzt …

 

… dann weiß man schon, dass das nicht so gut war. Das sehe ich nicht nur am Sturz, ich sehe es an der Reaktion des Spielers, wie er sich danach bewegt. Nur weil ein Spieler hinfällt, sein Gesicht verzerrt und sich dreht – das ist für mich noch nicht das Alarmsignal für eine schlimme Verletzung. Aber wenn ein Spieler aufsteht und nicht rund läuft, wenn er die Hand in einer Schutzposition hält, dann weiß man schon: ok, hier ist auf jeden Fall etwas passiert, er kann jetzt nicht weiterspielen.

 

Siehst Du auch bei normalen Leuten, wenn sie an Dir vorbeilaufen oder vor Dir sitzen, welche Fehlstellung sie haben?

 

Ja, definitiv. Ich blende das im Alltag ein bisschen aus und versuche nicht jeden, der mir entgegenkommt, zu scannen. Aber manchmal ist es offensichtlich. Dann guckt man hin und denkt sich: dem könnte man mit eins, zwei Sachen ganz gut helfen. Was ich aber schon mache ist Nachwuchsspieler anzusprechen. Dann zeige ich Übungen und wir gucken, ob es sich dann besser anfühlt.

 

Wie sehr muss man da die Spieler nach Verletzungen bremsen?

 

Ja, das muss man schon. Speziell wenn der erste Schmerz weg ist und sie sich im alltäglichen Leben normal bewegen. Da muss man ihnen schon immer mal sagen: Ey, eher ein bisschen vorsichtig sein, speziell was die sportartspezifische Dynamik angeht. Zum Beispiel bei Storm, der eine Schulterverletzung hat und sich im Alltag beschwerdefrei bewegen kann. Ein Spieler denkt dann schon: es geht. Man selbst sagt aber: Ne, warte mal bitte noch.

 

Oder die Spieler müssen – unabhängig von Storm - mal die schmerzhafte Erfahrung machen, dass sie einen Wurf nehmen und sagen: oh, ja, es ist noch nicht soweit. Manchmal ist es heilsamer, die Jungs selbst eine schmerzhafte Erfahrung in der Reha zu machen, damit sie selbst erkennen, dass es doch noch nicht soweit ist. Je älter die Spieler sind und je öfter sie mal eine Verletzung erlitten haben, desto besser wissen sie ihre Verletzungen einzuschätzen und auszuheilen zu lassen.

 

Ist das Thema „Schlaf“ auch etwas, wo Du draufschaust?

 

Ja und Nein. Wenn ich merke, dass jemand häufiger schlecht drauf ist, dann gibt es natürlich Gründe, warum jemand nicht gut schläft. Also wenn jemand frisch Papa geworden ist, dann bekommt man den erholsamen Schlaf in dieser Zeit nicht immer. Aber wenn jemand der 18, 19 Jahre alt ist und nicht gut schläft, dann muss man schon fragen warum das so ist. Dann ist er unkonzentriert, die Fitness leidet darunter und der Fokus. Schlaf ist ein wichtiger Bestandteil, genau wie Essen. Ich würde sogar sagen, dass Schlaf noch einen Tick wichtiger ist als Essen, aber das ist nur meine persönliche Meinung.

 

Man muss schon schauen: wenn jemand dauerhaft nicht gut schläft, woran das liegen könnte. Manchmal ist es ein Vitaminmangel. Wenn die Jugendlichen bis morgens 02:00 Uhr Netflix gucken oder am Handy spielen, dann ist das Hirn natürlich so aktiviert, dass sie nicht gut einschlafen und dann länger schlafen müssen. Besser ist es eine Stunde vor dem Einschlafen auf Bewegtbild ganz zu verzichten und stattdessen Musik oder ein Hörbuch hören, um runterzufahren.

 

Bist Du bei dem Thema „Ernährung“ der Hauptansprechpartner für die Spieler?

 

Zusammen mit Markus Kriebitzsch, unserem Strength-Coach. Er beschäftigt sich mit dem Thema Ernährung noch deutlich intensiver als ich. Es gibt Spieler, die ernähren sich deutlich gesünder als andere. Man kann ihnen Hinweise geben, ich mache das viel mit Nachwuchsspielern, da kann man den Baustein legen, damit sie sich in die richtige Richtung entwickeln. Aber ich will jetzt keinem Spieler vorschreiben, was er essen soll. Wir schauen schon genau hin, dass wir bei den Auswärtstrips gute und ausgewogene Verpflegung haben.

 

Einige Spieler möchten an Masse zulegen. Ist das eine reine Ernährungsfrage? 

 

Nicht nur. Es gibt Leute, die legen sehr gut an Gewicht zu und andere eher nicht. Es gibt Spieler, die einen hohen Grundumsatz haben und die nicht so wahnsinnig zunehmen, weder an Statur noch an Gewicht. Und es gibt andere, die müssen eher weniger essen, sodass sie nicht zu viel zunehmen.

 

Hast Du Austausch mit den Athletik-Trainern von anderen Basketballvereinen?

 

Ja, wir haben eine Gruppe von Athletiktrainern der 1. und 2. Liga. Da gab es bereits ein Zusammentreffen und im Sommer 2023 ist eine Art Summit geplant, wo alle zusammenkommen für einen Erfahrungsaustausch. Wie handhabt Ihr das? Was macht Ihr für Tests? Da ist schon eine sehr offene Kommunikation, es werden keine Geheimnis draus gemacht, wie es in anderen Sportarten der Fall ist. Das finde ich gut.

 

Wie gut sind wir in Jena aufgestellt im Vergleich zu anderen Vereinen, speziell im Bereich Athletik und der medizinischen Versorgung?

 

Ich finde unsere medizinische Abteilung ist sehr gut aufgestellt, da sind wir sicherlich auf Bundesliga-Niveau. Mit unserem Teamarzt Doc Stanek, der auch die deutsche Nationalmannschaft im Basketball betreut, unserem Physio und mir. Im Athletikbereich im Nachwuchs könnte man in der Zukunft sicherlich noch zulegen, das ist für mich zeitmäßig nicht so ganz zu realisieren. Wir haben jetzt einen Kraftbereich geschaffen, der für den Nachwuchs auch nutzbar ist und noch ausgebaut wird. Wir versuchen auch die Tests, die wir mit den Profis machen, im Nachwuchs zu etablieren.

 

Vor Kurzem haben wir mit Stephan Frost aus Wels/Österreich gesprochen, die keinen eigenen Physio haben. Wenn der Spieler verletzt ist, muss er zur medizinischen Abteilung hinfahren. 

 

Ja, das ist bei einigen Teams im unteren Drittel der Bundesliga auch so, in der ProA ist es sogar bei sehr vielen Teams so, dass sie keinen eigenen Physio haben, der bei jedem Training dabei ist. Sie haben dann eine Praxis, wo die Spieler sich einen Termin holen müssen und dann hinfahren. Oder die Spieler fahren zum Tapen hin und von dort geht es weiter zum Training.

 

Wie einfach ist es für Dich, im Job fit zu bleiben?

 

Ich versuche schon zwei, drei Mal die Woche für mich etwas zu machen. Jetzt im Winter nicht so viel. Im Sommer mal eine Mountain-Bike-Runde, abends wenn die Kids schlafen. Von mir Zuhause bin ich in zehn Minuten im Wald. Und ich versuche zwei, drei Mal die Woche für mich Krafttraining zu machen. Jetzt in der Zeit wo wir sprechen würde ich ansonsten trainieren, das mache ich dann morgen, wenn ich mit den verletzten Spielern arbeite, da werde ich mitmachen.

 

Stichwort Berufswahl: kannst Du den Job empfehlen?

 

Ich glaube, dass es für viele schon ein Traumberuf ist, mit einer Sportmannschaften zu arbeiten. Es ist aber natürlich nicht dieser typische 9-to-5-Job. Mich rufen Spieler auch spät abends oder morgens an, um kurzfristige Termine zu vereinbaren oder Probleme zu lösen. Man muss gern mit Menschen kommunizieren und zusammenarbeiten wollen. Ohne das ist man in dem Job nicht richtig. Die fachliche Kompetenz und die soziale Kompetenz sind gleichermaßen wichtig.

 

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