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Jenas Cheftrainer Domenik Reinboth im Saisonrückblick-Interview

 

 

 

 

 

 

Es war die erste Saison von Domenik Reinboth in der Funktion als verantwortlicher Cheftrainer von Medipolis SC Jena. Während sich der gebürtige Rheinländer aktuell zwischen der Auswertung des letzten ProA-Spieljahres und den Planungen für das Team 2022/2023 befindet, wollten wir wissen, wie die zurückliegenden Monate aus seiner Sicht verlaufen sind. Der 39-Jährige nahm sich viel Zeit, um zahlreiche Fragen zu beantworten, die wir nun als Saisonrückblick-Interview veröffentlichen.

Domenik, zunächst mal vornweg. Du bist jetzt seit Sommer 2021 in Jena. Konntest Du dich schon ein wenig einleben? Wie kommst Du mit der Mentalität der Thüringer zurecht?

 Also ich glaube schon, dass ich mich eingelebt habe, vor allem nachdem im März auch meine Familie nach Jena gezogen ist. Aktuell sind wir noch dabei, die Saison zu verdauen und zu analysieren. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist und ein paar freie Tage anstehen, wird das endgültige Ankommen sicher einfacher. 

 Die Thüringer empfinde ich als sehr freundlich, bodenständig und ehrlich. Das macht vieles leichter. Nichts gegen die Schwaben. Die habe ich bei meinem letzten Verein lieben gelernt, aber das war ein Lernprozess (lacht). Es ist wirklich ein sehr umgängliches Miteinander und wir fühlen uns wohl. 

Wie zufrieden bist Du rückblickend mit dem Abschneiden Deines Teams in der ProA-Saison 2022?

Grundsätzlich haben wir die vor der Saison definierten Ziele, wie Top4 inkl. vieler Einsatzminuten für unsere Nachwuchsspieler erreicht. In den Playoffs sind wir ins Halbfinale gekommen, in dessen Verlauf es uns gelungen ist, gegen den jetzigen Meister auf Augenhöhe zu spielen. Insbesondere die U22 Spielminuten haben wir laut einer Ligastatistik mit 23 Prozent auf Platz zwei aller ProA-Clubs erhöht. Damit konnten wir die Spielminuten in diesem Altersbereich mehr als verdreifachen.

Mit dem letztendlichen Saisonende kann man natürlich nicht glücklich sein. Das war gleichermaßen knapp wie ärgerlich. Wir haben aus verschiedensten Gründen nicht unser volles Potenzial ausgeschöpft. Insofern blicken wir, trotz des Erreichens der Saisonziele, auf ein Spieljahr zurück, in dem Luft nach oben war. Jetzt gilt es den Blick nach vorn zu richten, ohne die Saison mit dem unglücklichen Ende gegen Rostock komplett negativ beurteilen zu müssen.

Du bist (auch) mit dem Ziel angetreten, deine Nachwuchsspieler im Kader einzubauen und ihnen Einsatzzeit zu gewähren. Das hat über große Teile der Saison hervorragend funktioniert. Wie beurteilst die Entwicklung der U22-Riege?

Da fällt die Beurteilung letztendlich so differenziert aus wie auch die Spieler sich  unterscheiden. Lorenz war für mich sicher die positivste Überraschung der Saison. Ich kannte ihn im Vorfeld kaum, aber er hat einen riesigen und deutlich größeren Schritt als erwartet gemacht. Vuk hatte zum Anfang des Spieljahres zunächst Probleme reinzukommen. In den Playoffs hat er sehr gut gespielt. Wir haben ihm das Vertrauen gegeben, auch in den entscheidenden Phasen auf dem Parkett zu stehen. Rafael hatte unterdessen zuvor noch nie eine ganze Saison durchgespielt, sowohl in München als auch hier. Am Ende kommt er auf 32 Einsätze, hat mal mehr, mal weniger gespielt, doch war komplett im Team eingebunden. Moritz war im Vergleich zu den drei anderen Jungs sein erstes Jahr in Jena, hat trotz einiger Verletzungen, die ihn immer wieder zurückgeworfen hatten, eine sehr starke Saison gespielt. Durch die starken Minuten von Vuk und Lorenz kam er hinten raus auf weniger Spielzeit. 

Wie verlief für Dich die Saison, das erste Mal außerhalb Ehingens, in einem Programm, dass unter den Topteams der Liga zu finden war?

Logischerweise ganz neu und völlig anders. Natürlich startet man mit einer Vorstellung in die Saison, muss die Erfahrungen am Ende aber tatsächlich erst machen. Eine der Schwierigkeiten war u.a. der Ausfall des Co-Trainers über fast die gesamte Saison. Da merkt man auf dem Level, dass es zusätzliche Arbeitskapazität ganz klar benötigt. Die Saison war aufgrund vieler Dinge wie eine Achterbahnfahrt. Wir hatten am Anfang viele Verletzte inklusive des längeren Ausfalls von Jonathan, die Sperre von Chap, dann kam die Operation von Jonathan, die Nachverpflichtung von DaVonte, Chaps Rückkehr, Corona, die Ungewissheit, gegen welchen Gegner wir in die Playoffs starten und dann nochmal Corona. Im Endeffekt war es für alle ein verrücktes Jahr. Das merkt man auch im Austausch mit anderen Spielern und Coaches, sowohl in der BBL als auch in der ProA. Dieses Jahr hat allen viel abverlangt. 

Fehlende Konstanz war vor allem im letzten Drittel der Saison ein Thema. Wodurch erklären sich solche Phasen oder Aussetzer und wo kannst du als Coach für das nächste Spieljahr ansetzen?

Da könnten wir über basketballspezifische Sachen reden aber ich glaube, dass es am Ende grundsätzlich die Entwicklung war, die uns als Mannschaft nur zum Teil gelungen ist. In allen Bereichen als Team zu agieren, sowohl defensiv als auch offensiv, da kann man sicher einiges besser machen und das hat sich letztendlich auch auf die Konstanz ausgewirkt. Insgesamt ist es wichtig, dass ein Wir-Gefühl entsteht, aus dem gemeinsamer Erfolg erwachsen kann. Wir wollen doch alle dasselbe und dazu gehört es, unser Programm in Richtung BBL nach vorne zu bringen. Derartige Ziele lassen sich aber eben nicht erzwingen. 

Das Team hat sich – vor allem in den Playoffs – an der Freiwurflinie häufig schwer getan und selbst um mögliche Siege gebracht. Woran könnte das Deiner Meinung gelegen haben?

Also zunächst, um mal mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass die Jungs keine Freiwürfe üben. Das stimmt nicht. Natürlich gehören Freiwürfe zur Trainingsroutine. Über die Saison gesehen standen wir bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bei einer durchaus soliden Quote. Zum Saisonende hat sich die Freiwurfschwäche verselbstständigt und das bekommt man in dieser Phase auch nur schwer geheilt. Es ist eine Kombination aus vielen Faktoren wie Kondition, Rhythmus, Konzentration, Druck und besonders wie man mit diesem Druck umgeht. Das passiert aber jedem Spieler, selbst so einem sicheren Werfer wie Vasilije Micić im Euroleague-Halbfinale zwischen Anadolu Efes und Olympiakos Piräus.

Am Ende hat ein Buzzerbeater von Tyler Nelson die Möglichkeit verwehrt, in Rostock ein Entscheidungsspiel 5 zu erzwingen. Ausgleichende Ungerechtigkeit mit Rays Gamewinner in Spiel 3 gegen Paderborn? 

Das waren sicherlich beides serienentscheidende Aktionen. Du kannst dir bis zum tatsächlichen Ende nie richtig sicher sein, ein Spiel zu gewinnen und das macht den Sport ja auch so aufregend und unberechenbar. Für den Gewinner sind solche Würfe immer schön, im Rostocker Fall eben auch historisch, umso härter ist es letztendlich aber für uns als Verlierer.

Wie wichtig waren die Fans nach ihrer Rückkehr in die Arena?

Wir haben einen Moment gebraucht, um uns nach der langen Abstinenz von Zuschauern wieder daran zu gewöhnen. Am Ende waren die Fans aber nicht nur sehr wichtig, sondern einer der Schlüsselfaktoren. Sie haben uns, ob in knappen Spielen oder umkämpften Schlussphasen mit ihrem Support schon extrem geholfen. 

Lass uns mal auf die neue Saison vorausblicken. Neben einem guten Fundament hat Alex bereits verlängert Wann beginnt die heiße Phase der Kaderzusammenstellung? 

Die läuft bereits seit Wochen, ohne schon spruchreif auf einzelne Personalien eingehen zu können. Das Team hat eine stabile Basis auf der wir aufbauen können. Dennoch werden noch Ergänzungen benötigt. Zunächst steht, wie in jedem Sommer, natürlich die Verpflichtung von deutschen Spielern im Fokus. Bei Brandon gehen wir aktuell davon aus, dass er als Import in das Spieljahr starten wird. Eine zeitnahe Einbürgerung von ihm wäre unterdessen ein echter Bonus.

 

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