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Moritz Plescher im Interview – Teil 1: „In einer Saison gibt es immer Höhen und Tiefen“

 

 

 

 

 

 

Seit Sommer 2021 schnürt Moritz Plescher nun schon seine Sneaker für Medipolis SC Jena. Der aus Mettmann in Nordrhein-Westfalen stammende 22-Jährige durchlebte während seiner Zeit in Thüringen bereits einige zum Entwicklungsprozess eines Youngsters gehörende Ups und Downs. Wir baten Moritz während der FIBA-Länderspielpause zum Interview, welches aufgrund seines Umfangs in zwei Teile gegliedert wurde.

Moritz, wann hast Du zum ersten Mal einen Basketball in der Hand gehabt?

Das war schon in meinen ersten Lebensjahren. Meine Mutter hat professionell Basketball gespielt. Als sie in der Turnhalle trainiert hat, bin ich mit meinen Geschwistern im Geräteraum herumgeturnt. Dort konnten wir kicken und es gab auch kleinere Körbe. Mit fünf Jahren habe ich erstmals richtig Basketball trainiert.

Gab es auch andere Sportarten, an denen Du Dich ausprobiert hast?

Bis zum Alter von elf Jahren habe ich parallel Fußball gespielt, aber das wurde dann zu viel mit dem Training. Also musste ich mich entscheiden und da fiel die Wahl auf Basketball, weil mir das mehr Spaß gemacht hat.

Welche Sportarten sind Deiner Meinung nach mit dem Basketball vergleichbar?

Beim Basketball müssen, ebenso wie in vielen anderen Sportarten, schnelle Entscheidungen getroffen werden. Man weiß nie, was gleich passiert. Das Besondere beim Basketball ist dieser Fokus auf Details. Man will alles richtig machen, das perfekte Spiel anstreben. Bezüglich der Hand-Auge-Koordination gibt es eine große Gemeinsamkeit zum Dart, das ich auch privat häufig spiele.

Bei den Bewegungsabläufen sehe ich große Gemeinsamkeiten zum Beachvolleyball. Es gibt jeweils kurze Sprints, schnelle Sprünge und häufige Richtungswechsel. Man muss schnell reagieren und Entscheidungen treffen. Im Sommer war ich beim Urlaub auf Borkum und habe viel Beachvolleyball gespielt.

Wann bist Du das erste Mal auf ein Team aus Jena getroffen?

Das war nicht in der JBBL, sondern erst in der Saison 2018/2019 bei der NBBL. Dort sind wir zwei Mal auf Jena getroffen, die ein sehr starkes Team hatten. Zum TOP4 waren wir mit Breitengüßbach, dem Nachwuchsprogramm von Brose Bamberg, in Jena und sind erst im Finale an Bayern München gescheitert. Am Ende fehlten vier Punkte, das war sehr bitter. Aus der Erfahrung konnte ich viel lernen.

Mit welchen Spielern aus Jena hast Du davor schon einmal Kontakt gehabt?

Ich habe gegen Vuk in der NBBL gespielt. Als Brandon Thomas bei den 46ers in Gießen war, haben wir mit Bamberg gegen ihn gespielt, wobei ich nicht wirklich gespielt habe. In der Pro A habe ich mit Baunach gegen Hagen mit Alex Herrera gespielt. Das war mein erstes Jahr in der Pro A, da habe ich vielleicht ein, zwei Minuten bekommen. Außerdem hatte ich eine andere Position, da begegnet man sich seltener auf dem Spielfeld. Wenn man dann im Nachhinein mit solchen Leuten zusammenspielt, dann ist das schon etwas Spezielles.

Am 12. Juli 2021 bist Du nach Jena gewechselt. Wie umworben warst Du?

Spezifische Clubs würde ich jetzt ungern nennen, aber es ist schon so, dass Teams interessiert sind, wenn man so einem Programm wie Bamberg verlässt. Dann muss man schauen, welche Situation für einen am besten passt. Ich war in Jena zum Tryout und danach stand für mich fest, dass ich nur nach Jena gehen möchte.

Wie kann man sich das Tryout vorstellen?

Ich wurde eingeladen, bin morgens aus Bamberg angekommen, habe ein Individualtraining absolviert, mit Tapen und Kontakt im Eins gegen Eins. Dann habe ich mich mit den Coaches unterhalten, wurde durch die Spielhalle, die Trainingshalle, den Kraftraum und die Geschäftsstelle rumgeführt. In Jena ist alles an einem Ort. Das ist keinswegs gewöhnlich. Am Ende des Tages hatten alle Beteiligten das Gefühl, dass es gut zusammenpasst.

In Bamberg hattest Du die Möglichkeit BBL zu spielen. In Jena war 2021 klar, dass es zunächst die Pro A wird. War das für Dich ein Hindernis bei der Entscheidungsfindung?

Ich habe im ersten Jahr in Bamberg immer bei der BBL trainiert und nur manchmal bei der ProB gespielt. Mir war vor dem Wechsel nach Jena wichtig, dass ich in eine Situation komme, wo ich regelmäßig Einsätze bekomme. Es hat in Bamberg seine Vorteile, aber gewiss auch Nachteile, wenn es zwei Teams gibt. Formal war es von der BBL in die Pro A ein Schritt zurück, de facto aber nicht, weil ich ja in der BBL kaum gespielt habe. Da bekam ich nur ab und zu mal fünf Minuten. Stattdessen bin ich seit 2021 bei einem Top-Pro A Team und kann hier weiter wachsen, Minuten und Spielanteile bekommen. Unser Anspruch ist es, höher zu spielen.

Wann hast Du das erste Mal mit Domenik Kontakt gehabt?

Das ist eine lustige Geschichte: In der U12 habe ich mit Mettmann gegen Leverkusen gespielt, wo Domenik Trainer war. Er hat mir vor einigen Wochen den Spielberichtsbogen gezeigt. Später haben wir dann einmal noch einmal gegeneinander gespielt – er in Ehingen, ich mit Baunach. In diesem Spiel erhielt ich meine ersten ProA-Minuten und wir haben mit 30 Punkten Differenz verloren.

Wie kann man die Standorte Bamberg und Jena vergleichen. Was kann Jena von Bamberg lernen bzw. Bamberg von Jena?

Beide Standorte sind sich sehr ähnlich. An beiden Orten kann man sich voll auf den Basketball konzentrieren: Spieler müssen sich kaum um Dinge kümmern die ablenken. Man bekommt die Kleidung gewaschen und kann seine Schuhe in der Halle lassen. Das sind so kleine aber wichtige Sachen, die es an beiden Standorten gibt, die uns Spielern jedoch sehr helfen und die nicht normal sind. Viel besser geht’s da nicht. Die Geschäftsstelle und die Trainingshalle sind direkt zusammen. Es gibt ein Eisbad für die Regeneration. Die Programme unterscheiden sich kaum. Kapazitätsmäßig ist die Brose Arena fast doppelt so groß wie unsere Sparkassen-Arena.

Gab es Spieler, die Dich in Deiner Anfangszeit in Jena besonders unterstützt haben?

Einen Spieler würde ich da jetzt nicht herausheben wollen. Wobei, Brandon ist so ein Spieler, der schon lange auf dem Level spielt, von dem ich viel lernen kann und von dem ich schon viel gelernt habe. Da ist es schon so, dass wir uns oft nach dem Training und Spiel unterhalten. Wir haben ein enges Verhältnis. An die Hand genommen hat mich anfangs ein bisschen Julius Wolf. Da waren wir in Jena unterwegs und haben einen Kaffee getrunken.

Stand heute sind die ersten fünf Spieltage vorbei. Wie schätzt Du Deine Spielzeit und Deine Leistung ein?

Die Spielzeit ist gut. Ich probiere immer so hart zu spielen wie ich kann und dabei möglichst intensiv zu verteidigen. Offensiv hat es noch nicht so richtig Klick gemacht. Ich treffe aktuell nicht so gut, da ist sicherlich noch Luft nach oben. Das Team spiegelt mir, dass es okay ist. Im Basketball ist es wichtig, dass man sich nicht verrückt macht. Die Treffer werden kommen und es wird auch wieder besser laufen. Im Training habe ich das Gefühl, dass es gut läuft. In so einer Saison gibt es immer Höhen und Tiefen, man muss immer weiter machen. Die Minuten, die ich kriege, sind meiner Meinung nach gut.

Welche Teams schätzt Du am stärksten ein in Richtung Playoffs und Aufstieg?

Die Liga ist dieses Jahr sehr ausgeglichen. Es klingt wie eine Floskel, aber jedes Team kann gegen jedes Team gewinnen. Einmal gewinnt ein Team mit 20, die Woche drauf verlieren sie gegen ein Team mit 20, das die Woche zuvor mit 30 verloren hat. Mein Eindruck ist: Vechta ist stark, Dresden spielt gut, die Aufsteiger Münster und Düsseldorf sind gut drauf. Tübingen ist sehr stark. Man kann in dieser Liga schwierig voraussehen, wer am Ende oben stehen wird.

Wo siehst Du Deine Stärken als Spieler?

Ich bin ein sehr mannschaftsdienlicher Spieler, der immer probiert das Richtige fürs Team zu machen. Durch meinen Wurf kann ich das Spiel beeinflussen, selbst wenn ich mal nicht so viele Würfe bekomme, weil der Gegner weiß, dass er mich nicht frei stehenlassen kann. Dadurch bekommen andere Spieler bessere Schüsse. Sowas ist für Außenstehende teilweise schwierig zu erkennen. Ich fange an regelmäßig zum Korb zu gehen.

Was sind Bereiche bei denen Du sagst, da hast du einen größeren Nachholbedarf?

Es muss in allen Bereichen besser werden. Ich will nicht der Spieler bleiben, der ich bin. Defense ist etwas, woran ich arbeite. Ansonsten arbeite ich an meinem Wurf und will das Spiel noch besser verstehen. Ich bin noch lange nicht an der Ende meiner Entwicklung angekommen.

Von welchen Spielern oder Trainern konntest Du am meisten lernen?

Es ist schwierig einzelne Spieler oder Trainer aufzählen, bei denen ich versucht habe, etwas abzuschauen. Devon Hall und Paris Lee waren Spieler, die mir viele Tipps gegeben haben. Jordan Crawford hat mir einmal einen wertvollen Rat gegeben. Unter meinem JBBL-Trainer Razvan Munteanu habe ich mich gut entwickelt. Da war ich jetzt nochmal im Sommer und habe mit ihm trainiert. Meine NBBL-Trainer waren Mario Dugandzic und Mark Völkl. In Bamberg gibt es mit Stefan Weissenböck wohl einen der besten Individualtrainer. Domenik gibt mir auch wertvolle Hinweise und Chancen in jedem Training. Ich versuche letztendlich von jedem Trainer das Beste mitzunehmen.

Deine Mutter hat über 100 Länderspiele bestritten und hat 2018 bei der Ü50-Europameisterschaft die Goldmedaille gewonnen. Wie wahrscheinlich ist es, dass Du in solch einem Alter noch Basketball spielst?

Ich würde mir wünschen, dass ich mit 50 Jahren noch wie meine Mama spielen kann. Bei der Senioren-Europameisterschaft trifft man auf alte Bekannte, fährt in eine schöne Stadt, spielt Basketball und erlebt die Kultur. Man muss immer schauen, bis zu welchem Alter es körperlich geht und wie professionell das dann noch ist. Wenn es nach mir geht, dann spiele ich noch sehr lang.

Welche Vorteile bzw. Nachteile hat es, wenn man Basketball-Experten in der Familie hat, die Dir beim Spiel zusehen, das Spiel verstehen und Feedback geben können?

In meinen Augen hat es nur Vorteile. Alle haben ein Gefühl davon, wie ich mich in bestimmten Situationen fühle, weil sie selbst diese Situationen schon erlebt haben. Dann kommt manchmal auch die harte Wahrheit, weil sie verstehen was nicht so läuft. Und ich weiß, dass es ehrlich ist. Wenn man sich hingegen nicht so gut mit Basketball auskennt, dann ist jedes Spiel etwas Besonderes, dann fehlt die objektive Einschätzung. Bei manchen Spielen sind sie hier in Jena dabei. Sie schauen aber nicht nur auf mich, sondern auf das gesamte Spiel.

Was war der letzte basketballerische Ratschlag, den Dir Deine Mutter mitgegeben hat?

Es war bestimmt nicht der letzte, aber in Erinnerung geblieben ist mir: „Qualität wird sich irgendwann immer durchsetzen“. Das ist fest in meinem Kopf verankert.

Fortsetzung folgt...

 

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